Zwischendurch hab
ich mal wieder ein Buch gelesen.
„Klick im Kopf“ von
Tim Gelhausen, in dem es um das Leben nach der Diät (also ums Gewichthalten)
geht und das mir unter anderem Strategien gegen abendliche Ess-Anfälle an die
Hand geben wollte/sollte.
Es wurde in einem
Forum empfohlen und ich fand den Ansatz eines Nachdiätbuchs erstmal nicht schlecht.
Der junge Mann, der es geschrieben hat, hat 70 Kilo abgenommen und hält sein
Gewicht (das wünsche ich ihm jedenfalls); er weiß also, um was es geht.
Doch um es
freundlich auszudrücken: die schlechten Deutschnoten, mit denen er in einem der
ersten Kapitel kokettiert, waren gerechtfertigt.
Davon abgesehen steht
in dem Werk nichts (für mich) Neues drin, aber auch da hat der Autor
vorgesorgt. Wenn man nämlich nichts Neues aus seinem Werk entnehmen könnte,
wäre man innerlich nicht bereit dafür.
Schon auf den ersten
Seiten kam er mir unangenehm aufdringlich vor: „ich will den Leuten helfen“,
„dieses Buch ist das einzige, das du brauchst“, „ich weiß, wie es funktioniert
und lasse dich an diesem Wissen teilhaben“ – der übliche, missionarische Eifer mancher
Optimierungspropheten.
Was mich beim Lesen
zunehmend genervt hat, war die Seitenschinderei, bei der der Autor sich selbst in
Listen und Zusammenfassungen permanent wiederholt hat. Meine Güte, ich bin
erwachsen und hab schon beim ersten Lesen kapiert, welche Punkte wichtig sind.
Das, was mich
eigentlich interessiert hat, steht so im Buch geschrieben:
… Essen ist ein Ventil für Stress, Frust oder sonstige Emotionen.
Die meisten Essanfälle entstehen nicht durch eine falsche Ernährungsweise,
sondern durch emotionalen Stress. Um diese Essanfälle zu beseitigen, muss man
die Quelle des Problems angehen. Das Essen ist lediglich eine Reaktion auf Probleme,
Frust oder Stress, die an die Oberfläche kommen.
…
Um psychische Essanfälle unter Kontrolle zu bekommen, solltest du
also einerseits weniger geistiges Fast Food [Social Media] konsumieren (um dein
Selbstwertgefühl zu schonen), andererseits durch Krafttraining und Lesen [Sachbücher,
um mich fortzubilden] in dich selbst investieren (um dein Selbstwertgefühl
aktiv zu stärken). …
Saaagenhaft,
wirklich. Danke, vielen Dank, Dankeschön!
Daß ich da nicht
schon früher drauf gekommen bin?
Was ich dem Autor
zugestehe, ist die Tatsache, daß er nicht wissen konnte, wie der Circus Coroni mittlerweile
kollektiv für immer dünner werdende Nerven sorgt (in seinen Augen vermutlich
trotzdem nur eine Ausrede) und daß es auch deswegen nicht mehr ganz so einfach
ist, mal eben in ein Fitness-Studio oder zum Schwimmen zu gehen, wie er es
empfiehlt.
Wer will, sucht nach
Wegen, wer nicht will, findet Gründe, schreibt er. Von den Auswirkungen einer
Pandemie konnte er dabei nichts ahnen.
Und auch nicht
davon, daß es mir in so unsicheren Zeiten schwer fällt, ein Ziel zu finden –
sei es der Klassiker mit der Strandfigur im Sommerurlaub oder irgendein
Familienfest, bei dem Tante Ilse die Kinnlade runterfallen soll, wenn sie einen
so viel schlanker als beim letzten Mal zu Gesicht bekommt.
Da kann ich Mantras
und Affirmationen formulieren, so viele ich will: es läuft bei mir derzeit
alles auf ein resigniertes „Was solls?“ hinaus.
Eine wirkliche
Frechheit ist aber das begleitende Tagebuch, das ich aus Versehen zuerst auf den
kindle geladen habe, weil ich nicht genau hingelesen habe. Das wäre also das
ultimative Werkzeug, um meine innere Transformation voranzutreiben.
Zehn Euro für ein
ausgesprochen schlampig formatiertes Werk, das in erster Linie aus gepunkteten
Linien besteht, auf denen man – hätte man das Ding in Papierform vorliegen –
die Antworten auf vorgegebene Fragen schreiben, seine Dankbarkeit zum Ausdruck
bringen und seinen Tag reflektieren könnte.
Dazu ein paar Zitate
aus dem Buch und olle Sprüche aus der Steinzeit der (Diät)Geschichte à la „Wenn
Hunger nicht das Problem ist, kann Essen nicht die Lösung sein.“
Mhm.
Da nehme ich mir
doch lieber nochmal die gute, alte „idiot proof diet“ von Knight & Thomas
vor oder die „Simplify Diät“, da sind wenigstens witzige Illustrationen von
Herrn Küstenmacher drin.
Und wenn ich schon POSITIV denken soll: der Punkt
„ein weiteres, unnötiges Buch zum Thema Abnehmen lesen“ ist damit für dieses
Jahr erledigt.
Das ist gut.